Wenn Menschenwürde auf künstliche Intelligenz trifft

CITEC richtet Tagung zu intelligenten Systemen in der Pflege aus

Was darf eine mitdenkende Wohnung bestimmen? Wie autonom dürfen Autos sein? Wer trägt die Verantwortung, wenn ein Pflegeroboter einen Fehler macht? Mit diesen Fragen befassen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Donnerstag, 22. September, auf der Tagung „Künstliche Intelligenz in Pflege und Betreuung“ am Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) der Universität Bielefeld. Sie ist eine Vorkonferenz zur Jahrestagung der Akademie für Ethik in der Medizin, die bis zum 24. September an der Universität Bielefeld läuft.

Prof. Dr. Ipke Wachsmuth von der Universität Bielefeld forscht dazu, welche philosophischen und ethischen Fragen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz aufkommen. Foto: CI-TEC/Universität Bielefeld„In Japan sind Roboter schon lange im Alltag angekommen und werden bei weitem nicht so kritisch betrachtet, wie es in Deutschland der Fall ist“, sagt der emeritierte Informatik-Professor Dr. Ipke Wachsmuth. Er hält den Eröffnungs-Vortrag „Roboter als Ersatz für Mitmenschen? Humanitäre Fragen beim Einsatz in der Pflege“. Wachsmuth: „Nicht nur in Japan werden Senio-rinnen und Senioren schon durch Roboter unterstützt. Doch kann ein Roboter emotionale Zu-wendung bieten wie ein Mensch? Und ist die Menschenwürde tangiert, wenn in der Betreuung von Demenzkranken eine Roboterpuppe eingesetzt wird, die aussieht wie eine Robbe?“ Wachsmuth beobachtet seit 2002 die Entwicklung der Roboter-Robbe Paro, die auch in Deutschland in Pflegeheimen zum Einsatz kommt. „In Deutschland sind die Menschen wesentlich zurückhaltender, wenn es um Unterstützung durch Roboter in der Pflege geht. Mit künstlicher Intelligenz und Smart-Home-Technologie werden die Möglichkeiten immer größer. Daher ist es wichtig, dass bereits während der Entwicklung von Assistenztechnologie ethische Fragestellungen mitgedacht werden.“

Ein weiterer Grund, aus ethischer Sicht auf technische Systeme zu blicken: Viele Maschinen werden künftig in der Lage sein, aufgrund vorgegebener Kriterien autonom Entscheidungen zu treffen. Doch wie weit dürfen diese Entscheidungen gehen? Sollten Maschinen dabei nach mo-ralischen Prinzipien programmiert werden? Um solche ethische Fragen frühzeitig anzugehen, hat der Exzellenzcluster CITEC 2014 eine Ethik-Gruppe gegründet. Zehn Forscherinnen und Forscher aus Informatik, Psychologie und Neurobiologie diskutieren in diesem Arbeitskreis. Sie haben gemeinsam die Präkonferenz organisiert.

Speziell um ethische, rechtliche, soziale und sicherheitstechnische Aspekte einer mitdenkenden, vernetzten Wohnung geht es in einem Teilprojekt von KogniHome. CITEC koordiniert das Großprojekt. Der Exzellenzcluster entwickelt gemeinsam mit 13 regionalen Partnern eine Woh-nung, die Menschen in ihrem Alltag unterstützt und ein selbstbestimmtes Leben auch im Alter ermöglichen soll. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt. Das Teilprojekt nennt sich ELSI (Ethical, Legal, Social and Safety Implications) und nimmt beispielsweise Themen wie Privatheit oder Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in den Blick.
Nach dem Einführungs-Vortrag von Ipke Wachsmuth und einer anschließenden Diskussionsrunde können sich die Teilnehmenden das Forschungsapartment im CITEC ansehen. Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen darin Smart-Home-Technologien und testen, wie jüngere und ältere Erwachsene die neue Technik nutzen und wo sich Schwierigkeiten ergeben. Gerade in den eigenen vier Wänden entstehen besonders sensible Daten, die verschlüsselt und geschützt werden müssen.

Die Jahrestagung 2016 der Akademie für Ethik in der Medizin (AEM) wird ausgerichtet von der Abteilung Philosophie der Universität Bielefeld in Kooperation mit dem Evangelischen Kranken-haus Bielefeld und den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Vertreterinnen aus der Philo-sophie werden auch an der Vorkonferenz teilnehmen.

Tagungszeit:
Donnerstag, 22. September 2016, 9.30 bis 12.30 Uhr
CITEC-Gebäude, Raum 1.204

Weitere Informationen im Internet:

  • Programm der Jahrestagung und der beiden Vorkonferenzen: http://uni-bielefeld.de/aem2016/programm.html
  • Anmeldung zur Vorkonferenz: http://uni-bielefeld.de/aem2016/anmeldung.html
  • „Menschenwürde in Medizin und Gesundheitswesen“: (Pressemitteilung vom 16.09.2016): http://ekvv.uni-bielefeld.de/blog/uniaktuell/entry/menschenw%C3%BCrde_in_medizin_und_gesundheitswesen
  • Informationen zur Akademie für Ethik in der Medizin: http://www.aem-online.de/

Kontakt:
Cord Wiljes, Universität Bielefeld
Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC)
Telefon: 0521 106-12036  
E-Mail: cord.wiljes@cit-ec.uni-bielefeld.de