CITEC-Forscher entwickelt Diagnosesystem
Hören beinhaltet auch die räumliche Ortung – ein Aspekt, der in einem herkömmlichen Hörtest schwierig zu untersuchen ist. Dr. Thomas Hermann vom Exzellenzcluster CITEC hat ein System entwickelt, mit dem räumliches Hören in einer natürlichen Hörsituation getestet und später auch trainiert werden kann. Das neue Diagnosesystem wurde in Kooperation mit Partnern vom Klinikum Bielefeld Mitte entwickelt und nun für eine Kooperation mit dem Katholischen Klinikum der Ruhr-Universität Bochum weiterentwickelt. Ab Donnerstag (13.12.2018) soll es in der Bochumer Klinik getestet und perspektivisch in der Therapie von Hörgeschädigten eingesetzt werden. Ein Audioring aus Lautsprechern spiegelt eine reale Hörsituation wieder. Zu hören sind Cafégeräusche – Musik, Gespräche und Geklapper – und ein Geräusch, zum Beispiel ein Schnipsen. Die Patientin oder der Patient sitzt oder steht in der Mitte des Kreises und ortet die Richtung, aus der das Schnipsen kommt. Auf einem PC-Tablet trägt die Person den wahrgenommenen Ort ein.
„Mit der entsprechenden Software, die wir ebenfalls am CITEC entwickelt haben, kann der Audioring als ein neues Diagnosesystem dienen“, sagt Dr. Thomas Hermann, Leiter der Forschungsgruppe Ambient Intelligence (Umgebungsintelligenz) am Exzellenzcluster CITEC der Universität Bielefeld. „In unseren Studien wird sichtbar, wie und wo Menschen mit einseitiger Schwerhörigkeit weniger gut orten können als Menschen mit zwei gesunden Ohren. Auch zeigten die Ergebnisse, dass Kopfbewegungen eine entscheidende Rolle in der räumlichen Ortung spielen.“ So konnten die Geräusche in jedem Fall, ob mit oder ohne Höreinschränkung, mit Hilfe von einer Kopfdrehung besser zugeordnet werden.
Der Audioring im CITEC-Gebäude hat einen Durchmesser von vier Metern und besteht aus 16 Lautsprechern an einer Ringtraverse. Darüber ist ein Ring mit acht Lautsprechern befestigt. Das ganze System ist höhenverstellbar. „Für die Diagnose in Krankenhäusern ist dieses System zu groß. Daher haben wir zusätzlich ein portables Ringsystem entwickelt, das in eine Tasche passt“, sagt Hermann.
Das räumliche Hörsystem für den Koffer besteht aus kleineren Lautsprechern. Der portable Ring hat zusammengebaut einen Durchmesser von 2,5 Metern. Dieses Diagnosesystem soll nun in einer ersten Testphase im Katholischen Klinikum der Ruhr-Universität Bochum erfasst werden.
„Der Audioring zeigt, wie Technik aus der Forschung in der Lebenswelt der Betroffenen eingesetzt werden kann“, sagt Dr. Martin Lehmann, Hals-Nasen-Ohren-Arzt am Klinikum in Bochum. „Wir erwarten, dass wir das System in Zukunft auch in der Hör-Rehabilitation unserer Patienten anwenden können.“
„Räumliches Hören kann wie das Lernen von Vokabeln trainiert werden. Zum Beispiel können Stimuli häufiger aus Richtungen präsentiert werden, bei denen es Ortungsprobleme gab.“ Ein Ziel ist, Patientinnen und Patienten spielerisch zu motivieren, Hörübungen durchzuführen. „Wir stellen uns ein praktisches und eingängiges System vor. Damit wäre auch das räumliche Hörtraining zu Hause möglich“, so Hermann. „Geräusche könnten mit Sprachverstehen gekoppelt werden, sodass ein regelrechtes Hörspiel entsteht.“
Kontakt:
Dr. Thomas Hermann, Universität Bielefeld
Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC)
Telefon: 0521 106-12140
E-Mail: thermann@techfak.uni-bielefeld.de