Ein Chefkoch für jeden Haushalt

Küchenzeile des Innovationsclusters KogniHome der Universität Bielefeld hilft beim Kochen
 
Nie mehr angebrannte Milch und immer der passende Garpunkt. Mit dem KogniChef soll auch das schwierigste Gericht gelingen. Entwickelt wurde er von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Bielefeld. Der Forschungsprototyp unterstützt die Ausführung eines Rezepts zum Beispiel durch ein Tablet, das bei nassen Händen auch per Stimme oder Gestik bedient werden kann. Neben einer detaillierten Anleitung kann der KogniChef auch verschiedene Videos auf einem großen Display abspielen, um zum Beispiel zu zeigen, wie man Eier trennt. Das System hilft auch dabei, welche Zutaten wann und in welcher Menge verwendet werden müssen. Der KogniChef ist Teil der Digitalen Küche des Innovationsclusters KogniHome der Universität Bielefeld.


„Die Küche ist auch heute in unserer immer schnelllebiger werdenden Welt der zentrale Lebensmittelpunkt der Familie. Sie ist der Ort, an dem Generationen zusammen finden und sich gemeinsam verständigen können. Daher ist es wichtig, dass auch bei zunehmendem Alter oder bei kognitiven Einschränkungen das Kochen weiter möglich bleibt“, sagt Professor Dr. Helge Ritter, Sprecher des Innovationsclusters KogniHome. Das Kochen mit dem KogniChef funktioniert ähnlich einem Fahrassistenten, weswegen Helge Ritter den Begriff „Rezeptspurhalteassistent“ für das System verwendet. „Der Rezeptspurhalteassistent meldet sich, sobald er bemerkt, dass seine Unterstützung hilfreich sein kann. So assistiert er, wenn junge Menschen gerne ein Rezept mit anderen Zutaten variieren wollen und bietet älteren Menschen einen Hinweis, wenn sie bestimmte Arbeitsschritte vergessen haben.“ Dazu verfügt der KogniChef über verschiedene Sensoren und erleichtert so den gesamten Kochprozess: Durch eine interaktive Lichtprojektion zeigt das System, welchen Topf Koch oder Köchin wohin stellen muss und welche Zutat sich wo auf der Arbeitsfläche befindet. Das Kochfeld hilft direkt beim Abmessen von Zutaten. Auch der Blick auf die Küchenuhr entfällt: Der KogniChef zeigt einen Countdown zum Beispiel beim Rühren an und überwacht außerdem die korrekte Temperatur der Speisen. Damit sich der Kochprozess nicht unnötig in die Länge zieht, schaltet das System automatisch den angeschlossenen Dampfgarer oder Herd zum Vorheizen ein. Außerdem stellt sich der KogniChef selbstständig ab, wenn er bemerkt, dass seit längerem niemand mehr am Herd steht.

Aber die Küche von Morgen kann noch mehr: Sie ist mit dem gesamten KogniHome vernetzt und kann so auf die individuellen Bedürfnisse zum Beispiel verschiedener Familienmitglieder eingehen. Wenn der Jüngste der Familie zum Beispiel eine Nuss-Allergie hat, kann sie ihn bei seinen Backversuchen darauf hinweisen, dass er diese Zutat nicht verwenden sollte. Durch die Kommunikation mit dem persönlichen Trainer kann die Küchenzeile außerdem die Eltern dabei unterstützen, die optimale Ernährung zu ihrem Trainingsprogramm zuzubereiten. „Gesundheit steht beim KogniChef im Vordergrund, daher kann auch die Küche mit den anderen Komponenten vernetzt interagieren. Dabei ist uns wichtig, dass sie nicht bevormundend eingreift, sondern im Hintergrund arbeitet und den Alltag nur unterstützt“, sagt Ritter. „Die Küche soll direkt auf die Bedürfnisse des Menschen eingehen. Dazu ist es auch wichtig, dass sie vertraute Personen und ihre Vorhaben erkennt. So kann es notwendig sein, dass beim Teigkneten die Arbeitsfläche angehoben wird. Solche Einstellungen soll die intelligente Küchenzeile in Zukunft ebenfalls vornehmen können.“

Da den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gerade die Selbstbestimmtheit besonders wichtig ist, arbeiten sie hierzu im extra angelegten Querschnittsprojekt ELSI zu ethischen, rechtlichen, sicherheitstechnischen und sozialen Aspekten. ELSI steht für Ethical, Legal and Social Implications. Die intelligente Küche, wie auch das gesamte KogniHome, soll Menschen nicht bevormunden oder überwachen. Vielmehr soll sie helfen, auch im Alter oder mit einer kognitiven Einschränkung weiterhin am Leben aktiv teilzuhaben. Dazu untersuchen die Wissenschaftler, wie die assistive Technik aufgebaut sein muss, damit sie zwar genug Informationen bekommt, um hilfreich zu assistieren, aber dabei nicht in die Privatsphäre eingreift oder den Menschen Vorschriften macht.

Mitentwickelt wird KogniChef von Miele. Das Unternehmen ist der weltweit führende Anbieter von Premium-Hausgeräten unter anderem für die Produktbereiche Kochen, Backen und Dampfgaren. Der Hauptsitz des Unternehmens ist im ostwestfälischen Gütersloh. „In KogniHome ist Miele zum einen im Projektmanagement tätig und unterstützt die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Entwicklung von Konzepten für die Interaktion mit Küchengeräten. Zum anderen bringt das Unternehmen auch Expertise bei der technischen Integration der entwickelten Funktionalitäten mit den Schnittstellen der Miele-Haushaltsgeräte ein“, sagt Dr. Stefan Rüther, Produktentwickler bei Miele. Zudem wirkt Miele an der Entwicklung von lokalen Wissensdatenbanken mit, um ein lokales sicheres Datenmanagement zu ermöglichen. Außerdem arbeitet das Unternehmen mit CITEC-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der Benutzeroberfläche des KogniChefs und evaluiert das System.

In dem Innovationscluster „KogniHome“ arbeiten 14 Projektpartner aus Ostwestfalen-Lippe bis Mitte 2017 gemeinsam an einer vernetzten Wohnung, die die Gesundheit, Lebensqualität und Sicherheit von Familien, Singles und Senioren fördert. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt über drei Jahre mit acht Millionen Euro. Geleitet wird KogniHome von CITEC, dem Exzellenzcluster der Universität Bielefeld.

Kontakt:
Prof. Dr. Helge Ritter, Universität Bielefeld
Sprecher des Innovationscluster KogniHome
Telefon: 0521 106-12123   
E-Mail: helge@techfak.uni-bielefeld.de

Weitere Informationen im Internet:
www.kognihome.de