CITEC-Psychologin untersucht Aufmerksamkeit bei Routineaufgaben
Dr. Rebecca Förster erforscht am Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC), wie Aufmerksamkeit funktioniert, wenn Aufgaben sich wiederholen und mehr oder weniger automatisch ablaufen – und was passiert, wenn sich plötzlich etwas verändert. Die Ergebnisse könnten dazu dienen, Assistenzsysteme zu entwickeln, die sich ganz gezielt auf ihre Nutzerinnen und Nutzer einstellen.
Der Griff nach der Kaffeedose im Schrank geht ins Leere. Der Blick wandert durch die Küche. Nicht auf dem Tisch. Nicht im Regal. Endlich: Die Kaffeedose steht auf der Fensterbank. „Dieses Beispiel zeigt, wie Menschen ihre Aufmerksamkeit verlagern, wenn gewohnte Abläufe von der Routine abweichen“, sagt Rebecca Förster aus der Forschungsgruppe Neurokognitive Psychologie (Leitung: Prof. Dr. Werner Schneider).
Aus den Ergebnissen könnte zum Beispiel eine Wohnung entwickelt werden, die mitdenkt. „Wenn eine intelligente Wohnung ihre Bewohnerinnen und Bewohner unterstützt und sich an ihre wechselnden Bedürfnisse und Fähigkeiten anpassen kann, könnten ältere Menschen länger zu Hause wohnen“, sagt Förster.
Aufmerksam in der Routine
Grundlage der Untersuchung ist die Frage, wie Aufmerksamkeit gesteuert wird, wenn Aufgaben zur Routine werden. Um zu erforschen, wie das Gehirn in einer solchen Situation mit Informationen umgeht, lösen die Probandinnen und Probanden im Labor bestimmte Aufgaben, die sich wiederholen: sie stapeln Becher möglichst schnell in einer bestimmten Reihenfolge (Speedstacking) oder klicken nacheinander Zahlen an, die immer an der gleichen Stelle auf dem Bildschirm auftauchen.
„Wir erfassen dabei ihre Augenbewegungen“, sagt Förster. Diese verraten viel über die Aufmerksamkeitsverlagerung einer Person. Die Augen suchen zunächst den Bildschirm nach einer bestimmten Zahl ab. Man orientiert sich und lernt. Wenn jemand eine Aufgabe 20 oder 30 Mal gelöst hat, verändert sich etwas. Das Langzeitgedächtnis kommt ins Spiel: Der Blick sucht nicht mehr, sondern die Versuchsperson glaubt bereits zu wissen, an welcher Stelle sich die nächste Zahl befindet, und klickt gezielt dorthin. So einfach macht es Förster den Teilnehmenden aber nicht. Sie vertauscht zum Beispiel den Platz von 3 und 6 am Bildschirm. „Man könnte ja erwarten, dass die Teilnehmenden die 6 an dem Ort suchen, wo zuvor die 3 war“, sagt Förster. „Das passiert aber nicht.“ Stattdessen beginnt die Suche ganz neu. Statt durch das Langzeitgedächtnis wird die Aufmerksamkeit dann über einen Suchmodus gesteuert.
Individuelle Unterschiede
Wie lassen sich diese Beobachtungen nun auf Assistenzsysteme übertragen? „Wir wissen, dass ein solches System bei Lernprozessen sehr empfindlich auf Störungen reagieren kann“, so Förster. Zudem lassen sich Störungen in realen Bedingungen außerhalb des Labors nie
ganz ausblenden.
„Menschen verarbeiten Informationen sehr individuell“, sagt Förster. „Einer braucht mehr Input, jemand anders kommt mit weniger Informationen besser zurecht.“ Das macht es zu einer Herausforderung, Technik zu entwickeln, die sich sehr individuell zuschneiden lässt. Zudem reagiere jeder anders. „Manche kommen besser mit Informationen zurecht, die sie hören, andere reagieren eher auf Dinge, sie sie sehen oder anfassen können. Und wir müssen aufpassen, dass niemand mit Informationen überladen wird.“
Dr. Rebecca Förster, Jahrgang 1985, hat an der Universität Bielefeld Psychologie studiert und in Psychologie promoviert. Seit 2008 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitseinheit Neurokognitive Psychologie (Leitung: Prof. Dr. Werner Schneider) der Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft und am CITEC.
Weitere Informationen:
Arbeitseinheit Neurokognitive Psychologie: www.uni-bielefeld.de/psychologie/abteilung/arbeitseinheiten/01
Kontakt:
Dr. Rebecca Förster, Universität Bielefeld
Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC)
Telefon: 0521 106 4503
E-Mail: rebecca.foerster@uni-bielefeld.de
Autorin des Artikels: Maria Berentzen